Grelles Pink trifft schwarzes Grau – Kapitel 7

Kapitel 7: Hallo

Frühstück

Agnes sah immer wieder von ihrer Mutter zum Pfarrer, der genüsslich ein 3-Minuten-Ei (beinahe noch flüssig, wäre ein Küken drin gewesen, wäre es nichteinmal gestorben…) schlürfte und zu jedem zweiten Löffel ein Stück Toast mit Speck verschlang. Als der zweite Toast sein Leben gelassen hatte, stiegt er auf Frühstückswürstchen um. Die, mit den großen Speckstücken drinnen, bei denen man das Gefühl hatte, man kaue auf einem Stück Tintenfisch herum. Rohem Tintenfisch, wohlgemerkt.

„Mama, ich muss zur Schule. Ich hab heute ein Gespräch mit Herrn Dr. Breitner, wegen dieses Philosophiewettbewerbs… es kann also sein,
dass ich erst abends wiederkomme,“ beendete sie den Satz, dabei feststellend, dass er ungehört verhallte.

„Gut, ich geh dann jetzt. Vorher werde ich mit meinem Hausschlüssel auf dein Auto „Bärenfrau“ kratzen. Mitten auf die Motorhaube. Und
ich werde mir die Nägel pink lackieren,“ fügte sie mürrisch hinzu. Sie mochte es nicht, ignoriert zu werden. Aber andererseits konnte sie auch recht wenig dagegen unternehmen.

Ihre Mutter starrte den Pfarrer an, der ein Stückchen Würstchen im Mundwinkel kleben hatte, aber dennoch fröhlich weiter aß.

Seufzend verließ sie den Raum. Ihr Vater wäre alles andere als begeistert. Aber der war ja nicht mehr in Reichweite. Sie beschloss, ihm
gleich morgen einen Brief zu schreiben.

Schulweg

Der Schulweg war langweilig wie immer. Agnes ging in
Gedanken die Vokabeln durch, die sie vor zwei Tagen gelernt, aber wieder verdrängt hatte. Sie fragte sich ohnehin, wieso es nötig war, lateinisch zu lernen. Keiner sprach diese miese Sprache, und wenn sie jemand sprach, dann konnte man ihn ihrer Meinung nach auch einfach als letzter lebender Römer in einem Museum ausstellen.

Erschrocken über ihre eigenen Gedanken schreckte sie auf und
bemerkte die Gerüschte, die zwanzig Meter vor ihr mit hängendem Kopf Musik hörte. Erst überlegte sie, einen großen Bogen um sie zu machen, aber dann hielt sie sich vor Augen, dass sie in einer neuen Klasse war, und dass ein bisschen Kontakt ihr ja nicht schaden würde.

„Hey, Noemi!“ rief sie und holte leichten Fußes auf. „So
heißt du doch, oder?“

Noemi blickte sie von unten (ihre Größe ließ nichts
Gegenteiliges zu) an und musterte sie. „Ah, ja,“ bemerkte sie, und zog einen ihrer pinken Ohrhörer heraus, „du bist die Neue. Die neue Flamme von Tobi-Schätzchen,“ und als hätte dieser Name ihr große Kopfschmerzen bereitet, verstummte sie.

Agnes schwieg einen Moment, und Noemi nahm ihren Ohrhörer
wieder in die Hand. „Ist nochwas?“
Sie sah dabei irgendwie traurig aus. Aber diesen Gedanken
verdrängte Agnes schnell wieder. „N…nein, ich wollte nur mal hallo sagen…“

„Na gut, dann… hallo.“

Und mit diesen Worten bog sie nach links zu den Fahrradständern ab, obwohl sie kein Fahrrad dabei hatte.


Das Team von gorizi.de bedankt sich ganz herzlich bei Honigfee für die schöne Geschichte.

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